 Produktfotos vs. Produktrenderings: Vorteile & Nachteile

„…wir brauchen keine Renderings – wir haben Fotos…“

Diesen Satz hören wir oft von Kunden und stellen uns dann entsprechend ein professionelles Fotostudio mit komplexen Lichtsetups und einem Turntable o.ä. vor, auf dem das Produkt ästhetisch in Szene gesetzt wird. Position und Winkel zur Kamera werden genau dokumentiert. Oder auch eine Außenszene an einer belebten Straße, wo z.B. ein Werbedisplay in optimaler Umgebung steht, je nach Sonnenstand, und im goldenem Schnitt ausgerichtet ist.

Bei einem Blick auf die Website kommt dann jedoch häufig die Ernüchterung: Gezeigt werden kleine Produktabbildungen (z.B. Schraubendreher), alle aus unterschiedlichen Blickwinkeln und andersartig beleuchtet, mit sichtbaren Produktionsspuren, Fingerabdrücken oder sonstigen Flecken. Die Produkte wurden auf eine weiße Oberfläche gelegt, abfotografiert (eventuell frei Hand mit dem Smartphone) und umgehend auf der Website veröffentlicht. Kurz: die Wertigkeit, die Funktionalität und das Design des Produktes werden nicht bildlich kommuniziert.

Oft ist die Entscheidung dazu, Produktfotos mit möglichst wenig Aufwand zu produzieren, gerechtfertigt; nicht aber dann, wenn es deshalb passiert, „weil wir das immer so gemacht haben“. Vor nicht allzu langer Zeit waren professionelle Produktfotos noch sehr kostspielig, und Renderings weit von einer Fotorealität entfernt bzw. in guter Qualität aufwändig und teuer.

Heutzutage trifft das nicht mehr zu. Die Fototechnik hat sich stark weiterentwickelt (Smartphones, günstige mobile Lichtzelte, Stative, usw.) und die Rendering-Technologie hat mit Hilfe moderner Grafikkarten einen großen Sprung nach vorne gemacht. Die Qualität bewegt sich signifikant in Richtung Fotorealismus; Lichter und Materialien werden nach physikalisch korrekten Parametern erstellt. Zusätzlich ist die Rendering-Zeit, also jene Zeit, in der ein Bild oder Video berechnet wird, so weit gesunken, dass Bilder in wenigen Sekunden berechnet werden können (abhängig von Auflösung, Komplexität usw.).

Heute sind deshalb ca. 70% der im Internet abgebildeten Produktbilder gerendert!

Vorteile von Produktrenderings

  • Produkt-Renderings sind ab der ersten 3D-Konstruktionsphase möglich. Es muss kein Prototyp gebaut, lackiert und bedruckt werden.
  • Alle Bilder (einer Bildserie) können im selben Blickwinkel abgebildet werden. Dies ist wiederholgenau.
  • Die Ausleuchtung und Materialien (Setup) werden einmal erstellt und können beliebig oft angewandt Dadurch sehen die Produkte gleich aus, unabhängig davon, zu welchem Zeitpunkt die Bilder entstanden sind. Gerade bei modularen Produkten oder Farb-Variationen ist das ein erheblicher Zeitvorteil. Die Bilder der Varianten werden sehr schnell generiert.
  • Produktdarstellungen sind von schematisch bis fotoreal, und darüber hinaus, machbar und somit für verschiedene Anwendungen möglich.
  • Die Auflösung ist in beliebiger Größe möglich. Die Rendering-Zeit steigt zwar mit höherer Auflösung an, jedoch ist es möglich, ein Produkt auf „Hauswandgröße“ abzubilden.
  • Produktänderungen zu einem späteren Zeitpunkt sind oft mit wenigen Klicks Setups für Material und Ausleuchtung, Position der Produkte und Kameras wurden gespeichert.
  • Freisteller sind im Rendering sofort verfügbar, während in Fotos Produkte manuell maskiert und freigestellt werden müssen.
  • Videos oder Animationen können rasch generiert werden, wodurch Produkt-, Erklär- oder Imagevideos sehr einfach möglich sind.
  • Explosions-Ansichten oder Querschnitte sind in der Realität schwer darzustellen. Es reicht nicht aus z.B. ein Fensterprofilsystem zu schneiden. Die Schnittgrate können nicht gleichmäßig bearbeitet und Schleifstaub kann aus Profilrohren schwer entfernt werden. Renderings beruhen auf 3D-Baugruppen-Daten. Die Einzelelemente können freischwebend im Raum platziert werden; Quer- und Ausschnitte durch die Baugruppe lassen sich leicht erzeugen.
  • Renderings können vielfältig verwendet werden: für Websites, Kataloge, Manuals und Tutorials (Montage, Wartung), die interne und externe Kommunikation, Designstudien bei Produktupdates und vieles mehr. Diese zahlreichen Synergieeffekte bieten Fotos nicht.
  • Replizierbarkeit bei anderen/neuen Auftragnehmern: Wenn Rendering-Daten (vom Auftraggeber) gespeichert werden, können sie einfach an andere Auftragnehmer übertragen werden, die dann mit ihnen weiterarbeiten.

Vorteile von Produktfotos

  • Schnelle und einfache Herstellung: vom spontanen Foto mit dem Smartphone bis hin zu komplexen Fotosetups. Produktfotos sind ideal für das „schnelle“ Bild, das nur einmal benötigt wird.
  • Kostengünstiger als Renderings: Dies relativiert sich allerdings schnell, wenn Bilder nachbearbeitet und freigestellt, oder ähnliche Bilder für unterschiedliche Anwendungen aufgenommen werden müssen.
  • Produkte, die nicht auf CAD-Systemen konstruiert werden (können), sind mit Fotos schneller und oft besser abbildbar, z.B. Kleidungsstücke, Lebensmittel, Fertiggerichte.
  • Die Gesamtszene kann gut erfasst werden. So kann etwa ein Wellnessbereich mit schöner Dekoration mit wenig Aufwand gut und schnell fotografiert werden, um ein Hotel-Spa zu präsentieren.
  • Menschen (oder Tiere) sind mit Rendering Methoden sehr schwer realistisch darzustellen – auch in der Film- und Spielebranche, wo die Aufwände dafür sehr hoch sind. Fotos von Menschen und Tieren lösen sofort Emotionen aus und vermitteln einen Teil der „Story“. Die Darstellung einer glücklichen Familie im Wohnzimmer, des entspannten Business-Manns im Zug oder der Hektik und des Treibens eines Bahnhofes sind mit Fotos einfacher möglich als mit Renderings. Aber auch hier ist eine Kombination möglich: bei Immobilienrenderings werden oft Realfotos von Menschen, Tieren und Pflanzen eingesetzt, um eine positive Grundstimmung zu erzeugen.

 


Die Frage, welcher Weg für Ihr Unternehmen nun der „richtige“ ist, lässt sich pauschal nicht beantworten. Oft ist jedoch eine gesunde Kombination aus beiden Welten optimal. Wichtig ist, sich im Entscheidungsprozess über die Anwendungsbereiche der Produktabbildungen im Klaren zu werden (Was möchte ich mit den Bildern kommunizieren/erreichen? Wo kann und will ich sie verwenden?) und dann dementsprechend zu planen.

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